Themenfeld
Ressourcennutzung und Landesausbau
In der Geschichte des östlichen Europa spielt die Frage der Ressourcennutzung eine wichtige Rolle. Es geht dabei um landwirtschaftliche und hydrologische Kultivierung sowie infrastrukturellen Ausbau von Landschaften seit der Spätantike. Insbesondere im hohen Mittelalter wurde zunächst in Mittel-, dann auch in Ostmitteleuropa durch Rodung von Wäldern und Trockenlegung von Sümpfen das agrarisch nutzbare Land ausgedehnt, um mehr Getreide produzieren zu können. Zum Betrieb von Wassermühlen wurden Gewässer aufgestaut.
Dieser Landesausbau hatte ebenso vielfältige soziale und ökologische Folgen wie die Regelung der Jagd in den verbliebenen Wäldern, in denen die Landbevölkerung immer schwierigeren Zugriff auf Wildtiere als Ressource für Fleisch und Felle erhielt. Die Jagd wandelte sich derweil von der Subsistenz zum Sport und Freizeitvergnügen einer privilegierten Oberschicht. Deren Jagdpraktiken behinderten oft die agrarische Nutzung von Kulturlandschaften.
Ressourcennutzung umfasste darüber hinaus auch die Erschließung von Rohstoffquellen, wie z. B. Baumaterial (Holz, Stein), Salz oder Metallerzen und die Kontrolle des Zugangs, das Knowhow der Verarbeitung und die Organisation des Vertriebs. Auch verschiedene Formen des Recyclings lassen sich feststellen. Diese komplexen Vorgänge werden in interdisziplinär zusammengesetzten Teams erforscht, die Ergebnisse archäologischer, historischer, onomastischer, topografischer und kulturanthropologischer Untersuchungen zusammenführen.
Forschungsthemen
Die Verlagerung der Zentralorte im Frühmittelalter
Im hohen Mittelalter wurden in der Nähe älterer, schon verlassener Befestigungen neue Burgen errichtet. Warum die alten Burgen untergingen und neue in Nachbarschaft entstanden, soll durch diese Forschung beantwortet werden.
Industrielle Wasserverschmutzung im späten Russischen Kaiserreich
Industrielle Umweltverschmutzung ist ein komplexes Phänomen: Sie besteht aus giftigen Stoffen und ist gleichzeitig ein sozialer Kompromiss über den unangemessenen Gehalt an Substanzen in der Umwelt. In diesem Projekt soll untersucht werden, wie sich das Konzept der Umweltverschmutzung im spätimperialen Russland herausgebildet hat und wie es die Entstehung einer systemischen Umweltpolitik beeinflusst hat.
Jagdgeschichte Ostmitteleuropas
Die Jagd ist eine der ältesten Praktiken der Menschheit. Sie eröffnet ein breites gesellschaftliches Panorama. Trotzdem spielt sie in der Geschichtsschreibung bislang nur eine Nebenrolle. Deshalb untersucht das Forschungsprojekt die Kontinuität der Repräsentations- und Legitimationsformen von Herrschaft sowie Transfer- und Verflechtungsphänomene in Kultur und Wissenschaft über die Zäsur des ersten Weltkriegs hinaus.
Landesausbau
Während des hochmittelalterlichen Landesausbaus in Ostmitteleuropa wurde die Siedlungs- und Kulturlandschaft weitgehend umgestaltet. Besonders der als »Vergetreidung« bezeichnete Prozess hatte viele soziale und ökologische Folgen, die an ausgewählten Beispielen interdisziplinär erforscht werden.
Metallrecycling
Die Kontrolle und das Wissen um Zugang und Verarbeitung von Metallerzen beinhalten nicht allein technische Aspekte, sondern erfassen auch solche der sozialen Organisation und Machtverteilung in Raum und Zeit.